So wie im Kapitalismus der Profit über der sozialen Gerechtigkeit und dem Wohlergehen der Arbeiter*innen steht, wird auch die Natur als Ressource mit größter Profitorientierung ausgenutzt und umgestaltet. Auch hier führten erst über die Jahrzehnte neue wissenschaftliche Erkenntnisse und politische Reformen zu Gesetzen, die Umwelt und Natur schützen sollten. 

Neben dem Fortschrittsgedanken entstanden in Folge der Aufklärung auch die ersten Schutzgebiete, um die Natur zu bewahren. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erste konkrete Schritte zum Schutz der Natur umgesetzt. Dabei standen vor allem ästhetische Aspekte im Vordergrund. Einzelne Tiere und Pflanzen wurde dabei unter Schutz gestellt, wie Schwäne oder alte Bäume. Am Drachenfels bei Königswinter entstand das erste Naturschutzgebiet. 

lina Hähne

Zudem setzten sich einzelne Personen für Tier- und Naturschutz ein oder schlossen sich zu Vereinen zusammen, um die Anliegen der Natur zu vertreten. Eine bekannte Vogelschützerin war Lina Hähnle, die 1899 den „Bund für Vogelschutz“ gründete und damit den Grundstein für den heutigen Naturschutzbund Deutschland (NABU) legte.

 

Abb. 24: Lina Hähnle mit ihren Söhnen (ca. 1890)

Im Gegensatz zu den heutigen Gründen für den Naturschutz, wie u.a. der Erhalt von Biodiversität, stand in der Anfangsphase des Naturschutzes die „Naturdenkmalpflege“ im Vordergrund. Es wurden also einzelne Objekte wie beispielsweise alte Bäume geschützt. Somit standen anfangs weder komplexe ökologische Zusammenhänge, noch umfassende Territorien im Mittelpunkt des Naturschutzes, sondern einzelne Naturphänomene oder  Tier- und Pflanzenarten. 

Die ca. 1200 Jahre alte Schenklengsfeld Linde in Hessen ist als Naturdenkmal ausgewiesen.

Abb. 25: Die als Naturdenkmal ausgewiesene ca. 1.200 Jahre alte Schenklengsfeld-Linde in Hessen

Der deutsche Dichter und Naturforscher Hermann Löns kritisierte den staatlichen Naturschutz in einem Vortrag 1911 als harmlose Naturdenkmälerchens-Arbeit“ und sagt:

Der deutsche Dichter und Naturforscher Herrmann Löns

Es klingt bitter, aber es ist so: Die amtliche Naturdenkmalpflege erweckt immer mehr den Verdacht, als arbeite sie einem großzügigen, wirkungsvollen Natur­schutz entgegen. Sie schützt Belanglosigkeiten, arbeitet im Detail, hemmt aber eine Bewegung, die sich auf das Ganze richten muß. Sie ist eben amtlich, muß bürokratisch vorgehen, darf um Himmelswillen Niemand auf die Zehen treten, nicht Sturm läuten, nicht das Nothorn blasen.“ (Hermann Löns, 1929, S. 4)








Abb. 26: Hermann Löns mit Jagdwaffe (ca. 1900)

Kritik an Löns!

Hermann Löns gilt als Pionier des Naturschutzes in Deutschland. Seine Werke trugen dazu bei, ein allgemeines Bewusstsein für den Schutz der Natur und der heimischen Landschaften zu schaffen, insbesondere in einer Zeit, in der die Industrialisierung zunehmend natürliche Lebensräume bedrohte. Gleichzeitig vertrat Löns jedoch nationalistische und völkische Ideen, die später von den Nationalsozialist*innen adaptiert und verbreitet wurden. Sein Buch Der Werwolf. Eine Bauernchronik (1910) zeigt deutlich seine rassistische und ideologisch-biologistische Sichtweise u.a., mit der Aussage:  Wir wollen verhindern, dass der große Volksgesundungsbrunnen verschüttet, das heilige Seelenbad verunreinigt werde. Weil wir wissen, dass Naturschutz gleichbedeutend ist mit Rasseschutz. Löns verband seine Natur- und Heimatideale mit einer Vorstellung von reiner Herkunft und einer gesunden Volksgemeinschaft, die die Grundlage des nationalsozialistischen Rassebegriffs vorwegnahm. Die Anerkennung von Löns Arbeit zum Erhalt der Lüneburger Heide zeigt sich bis heute, so ist der „Naturschutzpark Lüneburger Heide“  nach seinem Tod teilweise zu Ehren seines Engagements ins Leben gerufen worden. 



Zuletzt geändert: Samstag, 21. Dezember 2024, 15:04